Hunde und Läufer*in (Aus der Sicht einer Hundebesitzerin)
- Jan Kaschura
- 2. März 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 6. März 2023
Ich bin Kathrin, Jans Tante und mein Border Collie Timber reagiert massiv auf Bewegungsreize. Was bedeutet das? Alles, was schnell ist, löst ihn aus: Autos, Radfahrer, rennende Kinder, Scooterfahrer, Kite-Surfer und eben auch Jogger. Timber reagiert auch auf Geräusche und Lichtreflexe. Das ist an sich alles nichts Besonderes, nur die Heftigkeit, mit der er reagiert, ist selten. Timber hat eine Verhaltensauffälligkeit.
Seit ich Timber habe, ist mir schmerzhaft bewusst: Unsere moderne Welt ist laut und voller Bewegung und Licht. Timber ist jetzt sechs Jahre alt und sehr gut erzogen und gehorsam. Wir haben intensiv mit ihm gearbeitet. Trotzdem kann er nicht entspannt an der Leine neben mir an einem Jogger vorbeilaufen. Ich muss ihn einschränken, er zieht nach vorne, die Bewegung des anderen triggert ihn.
Gestern sagte ein älterer Herr, der an mir vorbeilief „Das wird er auch noch lernen.“ Das war nett gemeint. Und ich wurde kurz traurig und dachte: Du weißt nicht, wie viel Arbeit und Tränen in diesem Hund stecken. Und ich glaube, viel mehr als das jetzt werden wir nicht erreichen.

Klar, Timber ist überwiegend angeleint. Wir nutzen eine 3m Leine, die wir länger und kürzer stellen können. Nicht so eine von diesen Rollleinen, die sehr gefährlich sind für euch Jogger: Wenn ein Hund mit einer dünnen Rollleine auf euch reagiert, würde ich immer stehen bleiben. Die Dinger schneiden schneller ins Fleisch als du Hier rufen kannst, weil der Teil in der Box ein dünnes Schnürchen ist.
Timber ist an sich ein fröhlicher und freundlicher Hund. Er hat noch nie gebissen. Aber er reagiert auf Bewegung und hat einen ausgeprägten Jagdtrieb. Dabei sieht er hervorragend - Hütehunde müssen verloren gegangene Schafe finden können, und der Mensch züchtet mit Hunden weiter, die seinen Bedürfnissen entsprechen.

Mit Timber an der Leine haben sich meine Sinne nochmal verschärft: Ich achte auf meine Umwelt, denn ich möchte Timber klar führen. Aber es ist nicht immer möglich, alles mitzubekommen.
Gestern traf ich im Wald auch noch ein Pärchen mit einem Dackel-Mix. Wir haben abgesprochen, dass die Hunde verträglich sind - aber nur, wenn ihr Hund frei läuft. Also abgeleint und tatsächlich sind die beiden losgerannt und haben gespielt. Sie drehten um, ich mich mit ihnen um sie im Auge zu behalten, und mein Puls schnellte in die Höhe: Keine 50 Meter entfernt lief eine Joggerin auf die beiden rennenden Hunde zu. Ich habe einen Kreuzbrüller fahren lassen und Timber lag, ich fasste ans Halsband. Die Joggerin lief immer noch. Auch sie meinte es nicht böse. Sie war sich auch des Risikos gar nicht bewusst. Darum sagte ich: Boah, jetzt ist mein Puls aber nach oben geschnellt! Sie hätten aber schon noch angehalten, oder? Sie bejahte das. Was hätte sie tun können? So wie Jan sagt, langsam machen, kurz stehen bleiben, mit den Hundebesitzern Kontakt aufnehmen und fragen, ob es OK ist, vorbeizulaufen. Oft ist es das, aber manchmal auch nicht.
Nicht jeder Hund, der auf euch Jogger reagiert, ist unerzogen. Nicht jeder Besitzer, der so einen Hund führt, ein Ignorant. Du kannst es nicht wissen, denn unsere Begegnung ist nur flüchtig, wir sind beide in Bewegung und treffen uns im Wald, auf Feldwegen und abseits großer Straßen. Warum urteilst du? Ich beurteile dich auch nicht. Ich bin entspannt, denn ich liebe meine Auszeiten draußen mit meinem Hund. Ich möchte niemanden stören und schon gar keine brenzligen Situationen. Aber manchmal passiert es eben. Und dann wäre es schön, wenn du langsam machst und einer Entspannung auch Raum gibst. Wir nutzen dieselben Wege und sie gehören weder dir noch mir.



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