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Rennbericht Rennsteiglauf

Endlich bin ich Teil dieser Legende, aber der Weg über die 73,9km durch den Thüringer Wald war von vielen interessanten Ereignissen gespickt.


Der Vorteil zu vielen Rennen, ich musste mich nicht um die Organisation zum Start oder die Verpflegung machen, da ich ein Rundumsorglospaket von meinem Athleten Marcel König hatte. Er kommt vom Rennsteig und seine Familie ist Rennsteiglauf erfahren. Was auch gut war, weil ohne ist eine Eigenverpflegung fast unmöglich, da viele Straßen und die Laufstrecke gesperrt sind. Dies merkt man auch in der Stimmung. Es sind z.B. viel weniger Zuschauer an der Strecke, als wie beim Hermann. Eventuell auch, weil der Lauf sich länger zieht als die ostwestfälische "Kurzstecke", dafür ist er landschaftlich eine Wucht.


Marcel und seine Familie wohnen in Steinbach, was ca. 40km vom Start in Eisenach entfernt ist und so klingelte mein Wecker um 3:30 Uhr. Zum Frühstück gab es Sushi und etwas Weißbrot mit Honig und Marmelade mit einem Tee, was Stella mir sogar hingestellt hatte, da sie kurz mit mir aufgestanden war🥰


Punktgenau um 4 war Marcels Vater Jens, Orlando und Marcel bei und wir fuhren nach Eisenach.

Um kurz vor 5 waren wir dann dort. Startnummer abgeholt und dann kam schon der erste Zufall zustande. Ich hatte die Startnummer 764 und Marcel 765, obwohl wir uns nicht abgesprochen haben. Soweit ich weiß ist die Vergabe durch den Anmeldezeitpunkt bestimmt.


Wir gingen ins Zelt, wo Tags zuvor noch Party war und zogen uns um. Dort traf ich knapp 15 heimische Läufer und das obwohl hier nur der 73,9km Lauf losgeht. Der Marathon oder Halbmarathon starten woanders, da es ein Punkt zu Punktlauf ist (Start und Ziel liegen nicht am selben Punkt).


Start des Supermarathon ©️ Sven Mörtl

Pünktlich um 6 Uhr war der Startschuss. Marcel und ich setzen uns in die zweite Gruppe hinter den führenden, um den späteren Sieger Marcel Bräutigam, dem 3. Frank Merrbach und 5 weiteren.

Marcel wollte von Anfang gleich drücken und nach vorne Rennen, ich bremste ihn aber, da die Luftfeuchtigkeit am Anfang sehr hoch war und mir eine innere Stimme sagte, dass nicht alles dieses Tempo durchhalten werden. Er antwortete mir, da vorne ist so ein junger Läufer und den möchte er nicht aus den Augen verlieren, zwecks Altersklassenwertung. Er bremste aber und verstand mein Einwand, er hat für sein junges Alter von 27 schon ein hohe Rennintelligenz.


Marcel König und ich Foto ©️Jan Lenfert

Ich erzählte ihm von meinem Gesetz des Stärkeren. Wenn 4 vorne wegrennen, dann ist einer der Starke und 3 sind schwächer. Davon steigen 1-2 Erfahrungsgemäß aus und einer rettet sich ins Ziel.


Vorne machten sie sich richtig Druck und Frank machte das Spiel nicht mehr mit und ließ sich leicht zurückfallen. Wir schlossen zu ihm auf auf und liefen dort in der Gruppe mit. Ich erzählte Frank das wir beide am 10.02. Geburtstag haben, dies habe ich durch ein Zufall gesehen, er antwortete mir nur spärlich. Später im Ziel entschuldige er sich bei mir, da er nicht gerne beim laufen redete, was ich ihm aber vorher nicht übel genommen habe.

Frank setze sich nach ca. 12km von uns leicht ab, ich entschied mich dafür, nicht mitzulaufen und so entstand ein immer größerer Abstand zwischen uns. Eventuell muss ich heute sagen, dass es vielleicht ein kleines Fehler war, dazu aber später mehr.


Die erste Eigenverpflegungsstation war bei Kilometer 17. Dort stand Marcels Vater. Ich trank auch etwas von der VP und wir liefen durch eine ca. 1km lange, wurzelige Trailpassage.


Es geht die ersten 23km fast immer leicht hoch auf den Inselsberg, was man aber tatsächlich gar nicht so spürte. Oben angekommen hatten wir dann 850+ und 200- Höhenmeter. Die erste Überraschung. Ein sehr starker Läufer aus der vorderen Gruppe lief nur noch ganz langsam. So lagen wir auf Position 5 und 6. Mit uns ein heimischer Läufer aus dem Rennsteiglaufverein.


Foto ©️Jan Lenfert

Es ging über eine steile Straße wieder hinab vom Inselsberg und Marcel musste danach einmal in den Busch. Es waren wohl doch noch zu viele Kohlenhydrate 🤣 Ich lief etwas langsamer und er holte mich nach ca. 2km wieder ein. Zwischenzeitlich setze sich der Läufer vom Rennsteiglauf an uns vorbei. Schnell hatten wir ihn aber wieder und wir rannten alle samt weiter.

An den nächsten VP trank ich wieder ordentlich Cola bis ich bei Kilometer 40 anhalten musste. Vorher rief ich noch zu Marcel „Lauf weiter“ er entschied sich aber für eine Pinkelpause während ich mich erleichterte.


Danach liefen wir weiter. Mein Magen war nun etwas flau, aber die Beine waren gut. Marcel wiederum machte ordentlich Druck. Ich sagte nochmals zu ihm, er solle sein Ding machen, doch blieb er bei mir. Was mir persönlich gut tat, aber ich sein Rennen etwas in Gefahr gesehen habe.

Also liefen wir ca. bis Kilometer 50km zusammen, dann setze er sich leicht von mir ab, aber er war für mich immer in Sichtweite. Ich merkte dagegen immer mehr meinen Darm. Er schmerzte immer wenn ich schneller als eine 4:30min/km unterwegs war. Ich versuchte in einem angenehm Modus zu verfallen und lenkte mich mit schöner Gedanken über meine Familie ab.


Bei Kilometer 54 am Grenzadler hatte Marcel knapp 1 Minute Vorsprung, aber leider lief seine Verpflegung etwas schleppend so liefen wir danach erst wieder zusammen. Ich fragte noch seinen Bruder, wie weit der vor uns liegende Läufer entfernt sei. Ca. „8min antwortete er“. Ich gab die Info an Marcel weiter und empfahl ihm taktisch zu laufen, da positionstechnisch nicht mehr viel zu holen sei. Lange konnte ich aber nicht folgen und musste durch die Darmprobleme immer weiter mein Tempo drosseln. Es war für mich nicht immer leicht das passende Tempo zu finden ohne dabei Schmerzen zu haben, was mich im Kopf echt quälte, da ich diesen Lauf aber Finisher wollte lief ich immer weiter und ging keinen Meter.


Kurz nachdem Grenzadler ©️Jan Lenfert

Ab jetzt kam aber eine schöne Ablenkung. Ich lief auf die Wanderer des Halbmarathons auf. Sie jubelten einem zu und jedes Mal wenn ich auf eine große Gruppe auflief, rief jemand „Läufer“ und das Feld teile sich oder alle gingen nach rechts. Etwas fühlte ich mich wie Moses🙃. Es war erstaunlich, sie tranken und feierten und ich quälte nach nunmehr 4:30 Laufen, durch den Thüringer Wald. Der Respekt, der mir aber entgegen gebracht wurde war enorm und so bedankte ich mich immer. Öfters hörte ich noch im Rücken: „der erste der lächelt“ oder "der erste der sich bedankt“ Für mich ist das ein zusätzlicher Boost mit allen zu kommunizieren.


Endlich bin ich bei Kilometer 63 angekommen, ab hier geht es fast nur noch Berg ab und wieder eine weitere Überraschung. Ein Läufer saß auf einen Stein und ist ausgestiegen. Marcel war so 4. und ich weiter 6., da direkt in diesem Moment Thomas Ungetüm an mir vorbei flog. Ich wusste, mit dem Tempo würde es für Marcel nochmals knapp werden.

Ich lief weiter durch die jubelten Wanderer, aber das Tempo musste ich weiter drosseln, da jeder schnelle Schritt echt weh tat, auch die Verpflegung schmerzte, aber die musste hinein um wenigstens noch etwas Sprit fürs laufen zu haben.


Als nächstes rannte Martin Ahlburg, ebenfalls ein erfahrener Läufer wie Thomas, an mir vorbei. Kilometer für Kilometer habe ich das Ziel herbeigesehnt. Die Schmerzen waren echt nicht mehr angenehm, aber weiter war ich fest entschlossen nicht zu gehen.

Ich lief ein steiles Stück hinunter und hörte knapp über mir, wie die Wanderer ein weiteren Läufer anfeurten, der mich wenig später auch überholte. Dies war aber dann der letzte, um es vorweg zu nehmen. Ich hörte das Stadion und war heil froh. Die Zuschauer Massen waren enorm im selbsternannten „schönstem Ziel der Welt“. Ich bedankte mich mit etwas Verbeugung beim laufen, bei den Zuschauern und war endlich da.

Sofort suchte ich Marcel und fragte ihn nach seinem Ergebnis. Er antwortete 4. und ich fiel ihn um den Hals. Was ein Ergebnis. Letztes Jahr war er noch 17. und knapp 30 Minuten langsamer. Er erzählte noch, daß er noch ein Zielsprint gegen Thomas hinlegen musste, den er aber gewann. Die Steigerungsläufe haben ihre Wirkung nicht verfehlt.


Ich schrieb ja, dass es eventuelle ein Fehler war, nicht direkt bei Frank mitzulaufen. Ich nachhinein glaube ich, dass Marcel es vielleicht drauf gehabt hätte dort zu folgen. So ist aber racing, die Entscheidung muss halt schnell getroffen werden.


Ich wurde 8. und habe auf den letzten 19km knapp 10 Minuten auf Marcel verloren. Da sieht man, ein Ultra entscheidet sich am Ende und nicht auf den ersten 10km. Ich erinnere nochmals an das Gesetz des stärkeren.

Stella fand mich zum Glück in der Menschenmasse und ich umarmte sie erstmal innig. Die Gedanken an sie und Fiona haben mich am Leben gehalten.

Der Rennsteiglauf ist wirklich ein sehr schöner Lauf und super organisierter Lauf. Er ist aber auch nicht ohne. Eins kann ich euch aber sagen, ich komme wieder und dafür trainiere ich wieder richtig. Momentan komme ich durch die Arbeit auf knapp 50 Wochenkilometer, was für ein finish beim Ultra reicht, aber nicht zu empfehlen ist 🙈


Es war das erste mal, dass mich einer meiner Athleten geschlagen hat, worüber ich aber sehr glücklich bin. Der beste Trainer wird von seinen Schüler eines Tages überragt.


Mit Sonja vor dem Start

Ebenfalls war Sonja am Start. Sie lief letztes Jahr hier den Marathon und sie nahm sich für dieses Jahr den Super vor. Ihr Ziel war es vor Zielschluss dort zu sein und das packte sie locker in 11:30 Stunden. Ich finde es immer wieder motivieren und beeindruckend, wie man sich so lange auf einer Strecke motivieren kann. Ich bin ja nach ca. 5:40 im Ziel und habe insgesamt eine viel niedriger Belastung. Sonja ich bin stolz auf dich, du zeigst das man auch als alleinerziehende Mutter mit Vollzeitjob seine Träume leben kann. Deine Vorbereitungszeit war aufopferungsvoll und anstrengend, deswegen hast du und deine Lieben jetzt wieder mehr Zeit verdient. Diesen Erfolg nimmt dir keiner mehr.

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